Neue Allgemeinverfügung für Private Feiern

16. Oktober 2020

Vor dem Hintergrund der stark angestiegenen Zahlen empfahl das Gesundheitsamt des Ortenaukreises den Ortspolizeibehörden der Gemeinden im Landkreis, die Teilnehmerzahl für private Feiern zu beschränken. Auch die Gemeinde Ortenberg hat dies mit Wirkung ab dem 9. Oktober verfügt. Diese Verfügung wird mit Wirkung ab dem 16. Oktober aufgehoben und durch eine neue inhaltsgleiche – in Einzelpunkten jedoch präzisierte – Verfügung ersetzt.

Aufhebung der Allgemeinverfügung über die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Feierlichkeiten zur Eindämmung

der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 9. Oktober 2020

Die Gemeinde Ortenberg hebt mit Wirkung ab dem 16. Oktober 2020 die am 9. Oktober 2020 auf Grundlage von §§ 28 Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), 49 ff. des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (PolG) und § 20 der Rechtsverordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus des Landes Baden-Württemberg (Corona-Verordnung) erlassene Allgemeinverfügung auf. Sie wird mit Wirkung vom 16. Oktober 2020 durch eine neue Allgemeinverfügung ersetzt.

Ortenberg, 16. Oktober 2020

Markus Vollmer

Bürgermeister

Allgemeinverfügungüber die Beschränkung der Teilnehmerzahl

bei privaten Feierlichkeiten zur Eindämmung

der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2

Die Gemeinde Ortenberg erlässt auf Grundlage von §§ 28 Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), 49 ff. des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (PolG) und § 20 der Rechtsverordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus des Landes Baden-Württemberg (Corona-Verordnung) folgende Allgemeinverfügung:

1. Private Feiern in allen Räumlichkeiten, die zu diesem Zweck vermietet, genutzt oder sonst zur Verfügung gestellt werden, dürfen nicht mit mehr als 50 Personen durchgeführt werden. Bei der Bemessung der Teilnehmerzahl bleiben Beschäftigte außer Betracht.

2. An privaten Feiern in rein privaten Räumlichkeiten dürfen nicht mehr als 25 Personen teilnehmen.

3. Als private Feierlichkeiten gelten Feiern im Familien- und Freundeskreis, bei denen die Geselligkeit im Vordergrund bzw. eine Durchmischung der Teilnehmer üblich ist. Indizien hierfür sind etwa der Ausschank von Alkohol, Unterhaltungsmusik, Tanzmöglichkeit. zu verstehen sind.

NICHT hierunter fallen etwa Gottesdienste, Vereinsversammlungen (z.B. Generalversamm- lungen), Firmen- und Vereinsfeiern, Ehrungen, Chor- oder Musikproben, Sporttraining und vergleichbare Veranstaltungen wenn hierfür Hygienekonzepte erstellt und eingehalten werden. Nicht hierunter fallen auch Veranstaltungen im Freien, wenn zwischen Personen, die nicht dem gleichen Haushalt angehören ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann.

4. Ausnahmen von den Regelungen der Ziff. 1 und 2 erteilt die Gemeinde Ortenberg aus wichtigem Grund im Einzelfall.

5. Für die Nichtbefolgung der Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung wird die Anwendung von unmittelbarem Zwang angedroht.

6. Diese Allgemeinverfügung gilt bis auf Weiteres.

Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) am Tag nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekanntgegeben. Die Allgemeinverfügung mit der ausführlichen Begründung kann beim Bürgermeisteramt der Gemeinde Ortenberg, Dorfplatz 1, 77799 Ortenberg während der üblichen Öffnungszeiten eingesehen werden.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Gemeinde Ortenberg, Dorfplatz 1, 77799 Ortenberg oder beim Landratsamt Ortenaukreis, Badstraße 20, 77652 Offenburg erhoben werden.

Hinweise:

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung haben gemäß § 28 Abs. 3 und § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung.

Verstöße gegen diese Allgemeinverfügung können mit einem Bußgeld geahndet werden.

Begründung

Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) trifft die zuständige Behörde nach Ermessen die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Unter diesen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde insbesondere Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten (§ 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG).

Gemäß § 20 Absatz 1 der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg kann die zuständige Behörde weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen erlassen.

Die Gemeinde Ortenberg ist als Ortspolizeibehörde gemäß § 1 Absatz 6 Satz 1 IfSGZustV für Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zuständig.

Mit dieser Verfügung soll verhindert werden, dass mit dem Coronavirus infizierte Personen auf den in Ziffer 1 und 2 aufgeführten Feierlichkeiten auf eine große Anzahl von Personen treffen und diese der Gefahr einer Ansteckung aussetzen. Dadurch wird das weitere Ziel verfolgt, eine unkontrollierte Verbreitung des Virus zu verhindern.

Bei der durch das Corona Virus SARS-Cov-2 ausgelösten Lungenerkrankung Covid-19 handelt es sich um eine übertragbare Krankheit gemäß § 2 Nr. 3 IfSG, da das Virus als Krankheitserreger gemäß § 2 Nr. 1 IfSG vorwiegend durch Tröpfcheninfektion von einem Menschen auf den anderen Menschen übertragen wird.

Seit im Dezember 2019 erstmals in China Menschen von einer neuartigen Lungenkrankheit befallen wurden, breitet sich das Virus SARS-CoV-2 immer weiter aus. Dies betrifft derzeit in besonderem Maß den Ortenaukreis.

Um das Gesundheitssystem mit unter Umständen drastischen Folgen für Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf nicht zu überlasten, muss die Ausbreitung des Virus eingedämmt und die Ausbreitung des Infektionsgeschehens soweit wie möglich verlangsamt werden.

Das Gesundheitsamt des Landratsamtes Ortenaukreis empfahl aufgrund der Anzahl der aktuell im Ortenaukreis infizierten Personen der Gemeinde Ortenberg den Erlass weitergehender Maßnahmen.

Unter Feiern ist eine Veranstaltung zu verstehen, bei der eine infektionsrelevante Durchmischung der teilnehmenden Personen nicht auszuschließen ist.

Vor dem Hintergrund des Infektionsverlaufes IN ORTENBERG und unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit wird abweichend von der Empfehlung des Sozialministeriums die Teilnehmerzahl für private Feiern auf Privatgrundstücken nicht begrenzt, wenn diese im Freien und damit nicht in geschlossenen Räumen – wie z.B. in Wohnungen, Garagen, Keller, Schuppen und Schöpfe, Zelte – stattfinden und ausreichend Fläche zur Einhaltung der Sicherheitsabstände vorhanden ist. Im Gegensatz zur fest definierten zulässigen Teilnehmerzahl von 50 Personen in öffentlichen anmietbaren Räumen oder 25 innerhalb der Gebäude wird hier die maximale Teilnehmerzahl durch die nutzbare Fläche definiert. Diese Regelung ist ebenso geeignet und erforderlich, um das Ziel, nämlich die Virus-Ausbreitung einzudämmen, zu erreichen aber milder als eine feste, von der Fläche unabhängig festgelegte maximal zulässige Personenzahl.

Nach Bewertung der aktuellen Lage durch die Gemeinde Ortenberg für außergewöhnliche Ereignisse macht diese als zuständige Behörde von dem eingeräumten Ermessen Gebrauch und hat gemäß der Tenorierung entschieden.

Die o.g. Maßnahmen zur Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Feiern sind verhältnismäßig. Es wird zwar das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG der privaten Personen und ggf. auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG der Veranstalter von privaten Feiern eingeschränkt.

Jedoch verfolgt die Einschränkung das legitime Ziel der Eindämmung der Neuinfektionen und damit die öffentliche Gesundheit sowie die körperliche Unversehrtheit dritter Personen. Die Erforderlichkeit liegt vor, da kein milderes Mittel zur Zweckerreichung in Frage kommt oder mildere Mittel zur Zweckerreichung nicht gleich geeignet sind. Insbesondere höhere Teilnehmerzahlen wären zwar denkbare mildere Maßnahme, aber ersichtlich nicht gleich effektiv wie eine strengere Begrenzung. Auch steht hier der Verwaltung eine Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum im Rahmen der Ermessensausübung zu.

Im Rahmen der Angemessenheit der Maßnahmen ist ausschlaggebend, dass die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG der privaten Personen und ggf. auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG der Veranstalter von privaten Feiern in der Abwägung der gefährdeten Schutzgüter der öffentlichen Gesundheit bzw. der konkurrierenden Grundrechte Dritter auf körperliche Unversehrtheit und Leben zurückstehen müssen. Private Feiern und daraus generierte gewerbliche Einnahmen sind zwar gewichtige Interessen, aber kein unverzichtbares Interesse der betroffenen Personen. Die körperliche Unversehrtheit und Leben anderer Personen sind demgegenüber Rechtsgüter, deren Schutz mit die größten Anstrengungen und auch Einschränkungen konkurrierender Grundrechte rechtfertigt.

Zudem werden die privaten Feiern nicht vollständig untersagt, sondern vielmehr maßvoll beschränkt.

Auch haben sich bei größeren Zusammenkünften in geschlossenen Räumen die in der CoronaVO aufgelisteten Maßnahmen als nicht ausreichend geeignet dargestellt. Auf die Hochzeitsfeier in Lahr am 25.09.2020 mit über 200 Teilnehmenden und zahlreichen im Anschluss mit Covid19 infizierten Personen wird verwiesen. Abschließend sind auch die möglichen Folgen derartiger Feiern für die Allgemeinheit (u.a. derzeit Schließungen von mehreren Schulklassen an unterschiedlichen Schulen im Ortenaukreis) in die Abwägung einzustellen.

Die Maßnahme gilt bis auf Weiteres. Während der Laufzeit der Verfügung wird in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt fortlaufend geprüft, ob die vom Land definierte 7-Tages-Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern/innen weiterhin überschritten ist. Wird der Wert der 7-Tages-Inzidenz mindestens 7 Tage lang unterschritten, so wird die Verfügung in Absprache mit dem Gesundheitsamt aufgehoben.

Die Androhung unmittelbaren Zwangs nach Ziffer 4 dieser Verfügung ist zur Durchsetzung der Ziele der Verfügung geboten und notwendig. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist ein Zwangsgeld nicht gleich geeignet, da eine unmittelbare Durchsetzung der Verfügung mit unmittelbaren Zwang zur Erreichung der infektions-schützenden Ziele erforderlich ist. Ein Zwangsgeld ist hier nicht ausreichend effektiv genug.

Diese Allgemeinverfügung wird am 16. Oktober 2020 durch ortsübliche Bekanntgabe bekanntgemacht und wirkt ab diesem Zeitpunkt (§ 41 Satz 4 LVwVfG).

Ortenberg, 16. Oktober 2020

Markus Vollmer

Bürgermeister