Weinberge nicht verwildern lassen

22. Oktober 2021

Die Weinlese ist vorüber - der Rebschnitt steht an. Frühzeitig wollen wir daher auf die Verpflichtungen der Bewirtschafter hinweisen:

Probleme und Gefahren

Nicht (mehr) bewirtschaftete Rebparzellen werden oft sich selbst überlassen. Probleme und Gefahren für die weitere Bewirtschaftung der Nachbargrundstücke sowie Beeinträchtigungen im Landschaftsbildsind die Folge. Was ist daran gefährlich?

Durch das Ausbleiben Pflanzenschutz-Maßnahmen erhöht sich rasch der Infektionsdruck durch Echten und Falschen Mehltau auf benachbarten Parzellen und auch in Bezug auf andere Pilzkrankheiten wie Roten Brenner oder Schwarzfäule Verwilderte Rebflächen können sich zu regelrechten Infektionsherden entwickeln.

Tierische Schädlinge werden ebenfalls gefördert: Der sich ausbreitende Aufwuchs von Unterlagen bietet für die Reblaus, die sich seit einiger Zeit wieder auf dem Vormarsch befindet, beste Verbreitungsmöglichkeiten. Auch das Gefährdungspotenzial der Kirschessigfliege erhöht sich durch nicht bewirtschaftete Grundstücke deutlich und Böschungen, die einen Wildrebenbewuchs aufweisen, sind für den Traubenwickler besonders attraktiv.

Darüber hinaus besteht für Wildtiere eine erhöhte Verletzungsgefahr durch den nicht mehr instandgehaltenen Drahtrahmen. Tiere können sich in Drahtschlingen oder im Dickicht verfangen. Nicht zuletzt dient aber die Verhinderung und Beseitigung von verwilderten Rebflächen dem Erhalt des Landschaftsbildes.

Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht

Nach § 26 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes Baden-Württemberg (LLG) ist der Besitzer eines landwirtschaftlich nutzbaren Grundstückes zur Verhinderung von Beeinträchtigungen der Landeskultur und der Landespflege verpflichtet, dieses zu bewirtschaften oder zu pflegen.

Die Bewirtschaftung und Pflege müssen gewährleisten, dass die Nutzung benachbarter Grundstücke nicht, insbesondere nichtdurch schädlichen Samenflug, unzumutbar erschwert wird”, heißt es im Gesetzestext.

Ziel dieser Vorschrift aus dem Jahr 1972 war und ist es, die Nutzungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Fläche zu erhalten.

Heute dient als Begründung zusätzlich die Vermeidung oder Beschränkung der natürlichen Verbuschung und Wiederbewaldung(Sukzession).

Konkret bedeutet diese Vorschrift, dass ein Grundstück, das nicht mehr bewirtschaftet wird, durch Mähen oder Beweiden gepflegt werden muss, damit eine Verwilderung unterbunden wird.

Aussetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht

Ein Besitzer, der zugleich Eigentümer des Grundstücks ist, kann die Aussetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht beantragen, solange es ihm nicht zugemutet werden kann, die Bewirtschaftung selbst durchzuführen. Gründe hierfür können beispielsweise sein: lange Krankheit, hohes Alter sowie eine große Entfernung des Wohnortes zur entsprechenden Fläche.

In diesen Fällen ist jedoch ein Nachweis zu erbringen, dass es trotz wiederholtem Versuch nicht gelungen ist, das Grundstück einem Bewirtschaftungswilligen – notfalls auch kostenlos – zu überlassen. Ist die Pflegepflicht für den Eigentümer ausgesetzt, hat er die Bewirtschaftung oder Pflege durch die Gemeinde oder einen von ihr bestimmten Dritten zu dulden.

Selbstverständlich kann dies nur bei bereits vollständig gerodeten Grundstücken und nur gegen Kostenersatz erfolgen.

Zuständigkeiten

Zuständig für die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht sowie die Entscheidung über die Aussetzung dieser Pflicht sind die Gemeinden.

Bitte wenden Sie sich bei Fragen an die Gemeindeverwaltung Ortenberg (0781 - 9 33 50), gemeindeverwaltung@ortenberg.de .

Maßnahmen

Die Gemeinde kann dem Besitzer eine Aufforderung zur Bewirtschaftung oder Pflege erteilen. Zur Überwachung und Durchsetzung der Bewirtschaftungs-und Pflegepflicht stehen der Gemeinde die Möglichkeiten des Landesverwaltungsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Konkret bedeutet dies, dass die zuständige Gemeinde Zwangsgelder anordnen oder sogar die Ersatzvornahme wie die Rodung oder das Mulchen vornehmen lassen kann. Daneben kann die Gemeinde bei Nichteinhaltung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 Euro verhängen.

Die Kosten für die Zwangsmaßnahmen tragen die natürlich die Bewirtschafter. Erfahrungsgemäß fallen für die Rodung Kosten in Höhe von mindestens 10.000 Euro je Hektar an.

Ordnungsgemäße Rodung

Für ein bislang als Weinberg genutztes Grundstück ist das Abräumen der alten Anlage, d.h die vollständige Beseitigung der Rebstöcke mit Wurzeln einschließlich aller Gegenstände wie Anker, Draht, Pfähle usw. eine unabdingbare Voraussetzung für eine zukünftige Minimalpflege.

Weinbaukartei

Auf die bußgeldbewehrte Verpflichtung zur Meldung gerodeter Flächen bei der Weinbaukartei wird hingewiesen!

Naturschutz

Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei der Räumung eines bereits verwilderten Grundstückes – auch ohne Biotopkartierung – im Vorfeld die Untere Naturschutzbehörde (Landratsamt) mit einzubeziehen, um mögliche Verstöße gegen das Naturschutzrecht zu vermeiden. Beispielsweisedürfen Gehölze nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar und damit außerhalb der Schutzfrist nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2BNatSchG entfernt werden.