Ein Kunstwerk für die Ortsmitte

Seit 2019 wurde in mehreren Abschnitten die gesamte Ortenberger Ortsdurchfahrtsstraße saniert. Im Kernbereich - zwischen Kirche und KRONE - wurde sie auch grundlegend umgestaltet. Dabei entstanden das eine oder andere Kleinod und Bereiche, die zum Flanieren und Entspannen einladen.


Die Gesamt-Sanierung ist noch nicht zu Ende, denn die Umgestaltung des Areals rund um Rathaus und Schlossberghalle ("Grüne Mitte Ortenberg") wird noch einige Jahre andauern. Mit dem 1. Bauabschnitt dieser Maßnahme soll im Jahr 2024 u.a. mit dem Bereich der früheren Zufahrt zum Dorfplatz die Straßen-Umgestaltung fortgesetzt werden. Diese wollen wir jedoch gestalterisch mit einem echten Kunstwerk - einer Bronzeguss-Skulptur - weiter aufwerten, krönen und etwas Bleibendes im Ortsbild schaffen.

Darüber haben sich die Mitglieder des Gemeinderates viele Gedanken gemacht. Zum einen sollte es eine typische Straßen-Szene sein. Aber es sollte auch etwas sein, das prägend ist für Ortenberg. Etwas, das nicht beliebig ist und etwas, mit dem sich die Ortenberger identifizieren können. Und schließlich sollte es etwas sein, was hier noch nicht dargestellt, abgebildet oder in anderer Art und Weise verarbeitet wurde. 

Die Skulptur soll Dynamik und Bewegung abbilden, die Lebenswirklichkeit zeigen, sympathisch und originell, aber nicht kitschig wirken. Der Künstler ist der Bildhauer Kurt Tassotti aus Mühlacker, gegossen wird die Skulptur in der Kunstgießerei Rohr in Niefern. 

Das Ergebnis ist "'s Fanni mit d'r Schees"! 

Damit wird ein Thema visuell in die Mitte des Dorfes gerückt, das unsere Gemeinde vielfach geprägt hat. Mit diesem Motiv soll die Erinnerung wach gehalten werden an etwas, das droht gänzlich zu verschwinden und in Vergessenheit zu geraten. 

Wir wollen damit für unsere heutigen Generationen und deren Nachkommen auch ein Kunstwerk im öffentlichen Raum schaffen, das nicht hinter denen zurückstehen soll, die frühere Generationen in Ortenberg hinterließen.

Mit der Skulptur wird zunächst die Bedeutung des Obstbaus für Ortenberg gewürdigt:

Der Obstbau und die Obstvermarkung waren und sind für Ortenberg sehr prägend. Klimatisch bevorzugt gibt es hier einen Vegetationsvorsprung gegenüber dem Umland von 8 bis 10 Tagen. Der daraus erwachsene Wettbewerbsvorteil brachte viel Kaufkraft in die Familien unserer Gemeinde: Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es kaum ein Haushalt, der nicht zumindest für den Eigenbedarf, häufig aber im Haupt – oder Nebenerwerb für die Vermarktung, Tafelobst anbaute.

Zwetschen
Zwetschen

1914 wurde sogar ein Obstgroßmarkt als Gemeindeeinrichtung gegründet – heute ein Teil des Obstgroßmarktes Mittelbaden in Oberkirch OGM - und Ortenberger Obsterzeuger waren dominierende Marktbeschicker der Wochenmärkte in Offenburg aber auch in Gengenbach und darüber hinaus.

fms
fms

Die Obstmarkthalle war bis 2020 in Betrieb, heute findet die Obstannahme auf dem Betriebsgelände der Firma Obstwelt Kiefer im Gewerbegebiet Allmendgrün statt.

Die Obsterzeugung und -Vermarktung war ein wichtiges wirtschaftliches Standbein nicht nur für die Vollerwerbslandwirte sondern auch für die kleinbäuerlichen Familienbetriebe. In den Arbeitsalltag eingebunden waren alle Generationen. Den Frauen und Müttern kamen neben Haushalt und Erziehung der Kinder wichtige Funktionen zu. Nicht zuletzt lag die Vermarktung häufig in der Hand der Frauen.

                      schf

Frauen mit den „Märkt-Scheesä“ prägten das Straßenbild und nicht selten saß neben den Feldfrüchten oder Arbeitsgeräten, der Wäsche, wenn's zum Waschen an die Kinzig ging oder bei sonstigen "Transportfahrten" noch ein Kind in der "Schees". 

                                  Kinder

Was ist eine "Schees"?

Laut Wikipedia bezeichnet man als "Marktchaise oder einfach nur Chaise (gesprochen: [ʃɛːz] „schääs“)  vor allem im badischen Raum einen robusten zweiachsigen Handwagen, mit dem früher Waren auf den Markt gefahren wurden.

Der Aufbau einer solchen Chaise besteht aus Flechtwerk, dessen oberer Abschluss mit einem Holzrahmen verstärkt ist. Darunter befindet sich das gefederte Fahrgestell. Die Räder sind mit einem Vollgummireifen ummantelt. Anders als ein Bollerwagen wird die Chaise nicht gezogen, sondern an einem kurzen Griff geschoben.

Mit dem Rückgang der Landwirtschaft sind Chaisen weitgehend aus dem Straßenbild verschwunden, erfahren aber bisweilen einen Zweitnutzen als Transportvehikel für Vatertags- oder Maiwanderungen. Bei der Basler Fasnacht werden nebst den Wagen Chaisen benutzt, um die kunstvollen Sujets durch die Straßen zu führen und zu präsentieren."

Das Bauprinzip ist simpel und blieb von Anfang an unverändert: Zwei starre Achsen in einem Eisen-Fahrgestell, ein mehr oder weniger federnd auf dem Fahrgestell gelagertes und mit einem Holzrahmen verstärktes Chassis aus einem Korbweiden-Geflecht und ein  gedrechselte Holzgriff. Dieser dient zum Schieben der Schees, wobei durch Drücken auf die eine oder andere Seite ein ziemlich großer Drehkreis erzwungen wird.

Bis etwa zum 2. Weltkrieg waren die "Scheesä" mit großen, hölzernen und  eisenbereiften Speichenrädern ausgestattet. Die Ladefläche aus Korbweide war meist dunkel gefärbt. Mit der Zeit änderte sich das Design der "Scheesä": Das Korbgeflecht wurde heller und Blechfelgen mit Vollgummireifen ersetzten die Speichenräder. Es gab sogar luftbereifte Modelle. Auch etwas größere, den gängigen Obstmarkt-Spankorb-Maßen angepasstem Korb-Chassis wurden angeboten. 

Schees
Schees

Woher kommt der Begriff?

Alemannisches Jahrbuch 2005/2006, Alemannisches Institut Freiburg i. Br. e. V.:

"Schees ist ein besonders in ländlichen Gegenden weit verbreitetes Nomen, das auf frz. chaise ‚Stuhl, Kutsche‘ zurückgeht. Aus den Angaben im Alemannischen

Taschenwörterbuch, in Fleig, Weik, Winkelmann und den Erhebungsdaten des Südwestdeutschen Sprachatlas lassen sich die Bedeutungen von Schees als ‚Kinderwagen‘, ‚vierrädriger, seitlich geschlossener Wagen‘, ‚Kutsche‘ und ‚Korbhandwagen zum Transport leichter Lasten‘ zusammenfassen.

Die mundartlichen Bedeutungen entwickelten sich demnach alle aus der frz. Bedeutung ‚Kutsche‘ (z. B. chaise de poste ‚Postkutsche‘) und nicht aus der Bedeutung ‚Stuhl‘. ….

Wenn mit Schees ein ‚vierrädriger, seitlich geschlossener Wagen‘ bezeichnet wird, so liegt für diesen Fall, ausgehend von der frz. Bedeutung ‚Kutsche‘, eine Bedeutungserweiterung vor. Die Bedeutung ‚Korbhandwagen zum Transport leichter Lasten‘ resultiert dagegen aus einer Bedeutungsverengung und ist sicherlich auch vom gleich bedeutenden Kompositum Märgdschees (=Marktschees ~ ‚Marktwagen‘) mit angeregt."

Bedeutungserweiterung des Begriffs „Schees“

Alemannisches Jahrbuch 2005/2006, Alemannisches Institut Freiburg i. Br. e. V.:

"Auf eine weitere und gänzlich andere Bedeutung von Schees verweisen Fleig und das Alemannische Taschenwörterbuch: Beruhend auf einer vollkommenen Bedeutungsübertragung und Bedeutungsverschlechterung existiert nämlich auch noch der Ausdruck verrugdi Scheese ‚hysterisches Frauenzimmer‘." 


Lastentransport

Wie in vielen Kulturen auf der Welt und zu allen Zeiten hatten auch bei uns die Frau eine im wahrsten Sinn des Wortes „tragende“ Rolle: Sie trägt den Marktschatz auf der Markt in der Stadt, das Heugarn aus den Reben und den Vesperkorb aufs Feld – und zwar auf ihrem Kopf. Meist in Körben mit einem textilen Kopfring zur „Unterstützung“ darunter.

Um 1900 kamen dann die Scheesen auf. Vermutlich haben findige Handwerker sie aus den „Kinderscheesen“ entwickelt, jedoch wesentlich robuster und vielseitiger.

Bis zur Motorisierung in den Nachkriegsjahren war im Zusammenhang mit dem Obstanbau und der Marktbeschickung des Ortenberger Obstmarktes oder der Wochenmärte in den umliegenden Städte die „Schees“ DAS Transportfahrzeug schlechthin und „markt-beherrschend“ – und bis nach der Jahrtausendwende immerhin noch vertrautes Bild im Alltag. Auch als Universal-Transportmittel in anderen Bereichen, für Haushalt und Hobby.

Waschtag an der Kinzig

Mit der Schees wurden Körbeweise schmutzige – insbesondere die „große“ Wäsche an die Kinzig gefahren, dazu ein kleiner Tisch, Waschbrett, Gießkanne und Seife. Der Tisch wurde ins Wasser gestellt und stundenlang wurde die Wäsche geschrubbt, bevor sie zum Bleichen ausgelegt wurde.

 

Heute kaum mehr vorstellbar: Noch bis in die 1960er Jahre wurde wie Tausende Jahre zuvor auf diese Weise die Wäsche der Familie gereinigt!

"... Die Merktschees hat heute immer noch nicht ausgedient. Ihr sollte man einen Ehrenplatz als Kultobjekt in den Geschichten über das Volksleben in unserer Region reservieren." (www.bollerwagen.biz). Mit dieser Skulptur soll diesem Ansinnen Rechnung getragen werden.

Es soll damit nicht nur an die traditionsreiche Obstbaukultur erinnert und die Erinnerung an ortstypische, kleinbäuerliche Lebensumstände erhalten werden. Besonders soll damit auch die Lebensleistungen der Frauen im vergangenen Jahrhundert - in Haushalt, Erziehung und Landwirtschaft - gewürdigt werden.

Sie Skulptur soll aber darüber hinaus dauerhaft an die "Schess", als regionaltypisches historisches Universal-Transportmittel erinnern. 

Damit soll das Bewusstsein für regional- und lokaltypische Historie und das Herkommen gestärkt und Identifikation mit Region und "Heimat" geschaffen und vertieft werden.

Herz
Herz

Aus mehreren Angebotsanfragen und künstlerischen Entwurfsvorschlägen hat sich der Gemeinderat für einen Entwurf des Künstlers Kurt Tassotti (Mühlacker) und eine Beauftragung der Kunstgießerei Rohr (Niefern) entschieden:

Die Frau winkt dem Betrachter zu und die "Schees" wird so gestaltet sein, dass kleine Kinder in sie hinein sitzen können, denn die Skulptur soll nicht nur zum anschauen da sein sondern zu "Interaktionen" anregen.

Fertigstellung ist im Frühjahr 2024.

Visualisierung
Visualisierung

Das Kunstwerk soll ganz überwiegend aus Spenden finanziert werden und wir wollen dazu anregen, sich an diesem Ortenberger Gemeinschaftswerk zu beteiligen.

                                Geldhut

Hier sind die Spenden-Konten:

Bankkonto:

Gemeinde Ortenberg

DE 07 6645 0050 0000 0072 12

PayPal:

"Geld senden" an "rechnungseingang@ortenberg.de" 

Bei allen Spendenüberweisungen sollte als Verwendungszweck »Spende Fanni« angegeben werden. Wer eine Spendenbescheinigungen für die Steuererklärung möchte, sollte zudem Name und Anschrift auf der Überweisung angeben. Bei Spenden von nicht mehr als 300 Euro genügt dem Finanzamt aber als Nachweis der Kontoauszug bzw. der Ausdruck beim Online-Banking.

Alle Spender ab 1.000 EUR werden mit deren Einverständnis mit einem Hinweis beim Kunstwerk namentlich erwähnt. Ab 100 EUR nimmt man an einer Verlosung teil. 

Hier entsteht vielleicht ein neues Ortenberger Wahrzeichen - und auch Sie können ein Teil davon werden und dazu beitragen!

Herzlichen Dank!